Schwarze Auspuffwolken und ohrenbetäubendes Brummen, das ist unser Unimog 1300L, Baujahr 1987, Tachostand 100000 km.
Ein rauer Geselle der noch ohne Euro Normen oder sonstigen modernen Schnickschnack auskommt. Seit 28000 Kilometern ist er mit uns in der Welt unterwegs. Fast jede Minute verbringen wir seither gemeinsam, fahren, wohnen und leben zusammen. Emotionsgeladene Momente sind dabei ganz normal, mal bringt er uns zum Schwärmen um kurz darauf wieder unsere Leidensfähigkeit zu prüfen. Unser Unimog ist ein Fahrzeug mit Charakter. Er passt zu uns und wir mögen ihn – meistens.
Ein Testbericht über ein ganz
besonderes Reisemobil.
Im Schneckentempo um die Welt
Der Motor OM 352 mit 130 PS ist definitiv untermotorisiert. Jede noch so
kleine Steigung zwingt uns in die niedrigsten Gänge und Autobahnfahrten werden
zur Geduldsprobe. An Kraft mangelt es dem 5,6 l 6 Zylinder Motor nicht
(aufgrund der kurzen Übersetzung) aber Geschwindigkeit und Drehmoment gehört
nicht zu seinen Stärken. Im Durchschnit verbraucht unser Mog zwischen 1,5 und
2,5 Liter Motoröl auf 1000 km. Bei Unimogs dieser Generation kein Grund zur
Beunruhigung denn der Motor hat keine Ventilschaft Abdichtungen. Der Motor
stammt aus den 60iger Jahren da gab es solche Schnörckel noch nicht. Einmal
angesprungen fährt er dafür auch ohne Strom weiter solange der Motor Kraftstoff
erhält. Wichtig sind gute Starter Batterien. Die haben leider eine
aussergewöhnliche Dimension und sind in vielen Ländern nur als Mercedes
Original Ersatzteil erhältlich.
Thermisch ist der Unimog sehr gut. Die Kühlwasser Temperatur steigt bei uns
auch über 40 Grad Außen Temperatur nie über 85-90 Grad (mit Tropenthermostat).
Aufmotzen – soll man?
Tunen kam für uns nie in Frage. Eine schnelle Achse sehen wir wenig sinnvoll,
da die Gangsprünge im Gelände und am Berg zu gross sind und die geringe
Motorleistung noch spürbarer wird. Auch vom Motor Tuning oder Tausch zu stärkeren
Varianten raten wir ab. Die Radvorgelege und Achsen sind beim 1300L dafür
einfach nicht ausgelegt.
Vorwärtsdrang
Die Schaltung unseres Unimogs ist ruppelig und schwergängig. Besonders
zwischen 4. und 5. Gang ist Gefühl gefragt. Ein Splitgetriebe ist unserer
Meinung auf grosser Reise unnötig. Wer
Wert auf eine lange Lebensdauer des
Antriebsstranges legt sollte nie länger über 2500 Umdrehungen fahren.
Die in Foren immer wieder als Schwachstelle bemängelten Radvorgelege sterben in
der Regel durch den „Hitzetod“ bei
langen Autobahn Vollgasetappen. Dafür ist der Unimog als Universalmotorgerät
und Arbeitstier nicht konstruiert.
Was bremst mit?
Die Bremsanlage mit pneumatisch betätigten hydraulischen Scheibenbremsen ist kompliziert und sollte
einer sorgfältigen Überholung bzw. Prüfung unterzogen werden. 18 bar Luftkessel
Druck ist fast doppelt so hoch wie bei anderen LKW‘s. Ein Grund dafür sind die
kleinen Luftkessel. Von diesen Kesseln gehen 18 bar Leitungen ins Fahrerhaus
zum Anzeige Instrument. Wir haben zwischenzeitlich immer Ersatzleitungen und
entsprechend stärkere Leitungsverbindungen für den Fall einer Reparatur dabei. Erfahrungsgemäss
haben nicht einmal Mercedes Vertragswerkstätten diese Leitungen lagernd. Wie
erwähnt gibt es keinen anderen LKW der diese speziellen Druckleitungen
verwendet.
Hochbeinig ist sexy
Vorgelege und Portalachsen sind toll für Bodenfreiheit bieten aber zusätzliche
Wartungsarbeit und Reparaturen. Unbedingt alle 1000 - 2000 km den Ölstand der
Vorgelege kontrollieren da sich dort nur 0,25L Öl befinden. Das ist lästig aber
man gewöhnt sich daran.
Eine Schwachstelle sind die Abdichtungen der Achsen zum Vorgelege. Wir
mussten bereits zwei Simmeringe erneuern. Man bemerkt das durch Ölspuren an den
Reifen und Felgen. Sollte ebenfalls immer als Ersatzteil dabei sein. Man findet
zwar Mechaniker die diese Reparatur durchführen können aber keine Ersatzteile.
Wir haben vor der Reise die Schraubenfedern erneuert und können auch die
Koni Stoßdämpfer empfehlen.
Offroad King
Der Unimog fährt dort wo andere nicht mehr fahren. Offroad ist sein Zuhause.
Der kurze Radstand, enorme Böschungswinkel, extreme Watttiefe, und
Differenzialsperren sind die Schlüssel für uneingeschränkte Geländefahreigenschaften.
Allrad und Untersetzung sind bei Fahrt zuschaltbar und in Kombination mit grossen
Reifen überwindet er jedes Hindernis.
Die einzige Einschränkung ergibt sich aus dem hohen Gesamtgewicht. Unser
Unimog fährt mit Höchstgewicht und so kam es schon vor dass die Kupplung bei
extremen Steigungen zu stinken beginnt bzw. die Motorleistung ans Limit gerät.
Ausserordentlich schätzen wir dafür die schmale Spurbreite des Unimogs. Geländewagen
Pisten sind damit überhaupt kein Problem und in Afrika befahren wir sogar kleine
Nationalparkrouten sofern es die Aufbau Breite von 2,40 Metern zulässt. Ein weiteres
Plus ist die Gesamtlänge von nur 6.40 m.
Wir brauchen uns nicht vor engen Wendemanövern fürchten und passen sogar
in Parkplätze vor Supermärkten.
Unsere Reifenempfehlung: Michelin XZL 365/80 R20. Bisher hatten wir noch
keine Reifenpanne. Luftdruck kalt bei 7,5-8,0 t Gesamtgewicht: Asphalt 2,7/2,9 bar,
Piste 2,2/2,4 bar
Komfort gibt’s nicht
Der Unimog ist nichts für Weicheier. Er ist laut und vibriert und bietet
auch sonst keinen Luxus in der Fahrerkabine. Besondere Vibration übertragen die
Reifen, die sich übrigens bei uns auch völlig ungleich abfahren. Wir haben
keine luftgefederten Sitze denn die Schraubenfederung des Unimogs ist für einen
LKW ausreichend komfortabel. Auf
schlechten Strassen muss man halt das Tempo reduzieren das schont gleichzeitige
auch alle anderen Komponenten. Das Getriebe ist leider extrem hakelig und bei
dieser Unimog Generation eine Zumutung.
Kleiner Luxus
Wir haben uns vor Abfahrt eine Klimanlage für das Fahrerhaus (Eberspächer
1200 slim line) einbauen lassen. Die Erfahrung ist jedoch ernüchternd. Die
Leistung dieses Modells ist viel zu schwach und kann die Temparatur des
Fahrerhauses ab einer Außen Temperatur von über 25 Grad nicht hinunter kühlen. Aufgrund
unseres Dachträgers war leider kein Platz
für eine andere Lösung.
Der Unimog als Wohnmobil
Unser Aufbau ist massiv aber schwer. In kühleren Regionen leiden wir unter Kondenswasserbildung
entlang der verbauten Alustreben der Kofferkonstruktion. Die verbauten
Seitzfenster sind ok aber mittlerweile ziemlich zerschrammt. Seitz
Schiebefenster sind nicht staubdicht und den Moskitoschutz mussten wir mit
zusätzlich angebrachten Fliegengittern verbessern.
Übrigens raten wir von einem grossen Fenster über dem Bett ab. Unser Seitz
Heki 3 plus bietet zwar gute Belüftung aber bei Undichtigkeit gibt’s kein Schlafen.
Wir würden uns kleinere Dachfenster einbauen
Die Technik des Aufbaus hat sich bisher gut bewährt. Der verwendete Battery
to Battery Charger leistet gute Dienste, nur die Verbindung rüttelt es manchmal
auseinander, ist aber einfach zu reparieren.
Die 300 W Solaranlage ist zwar am Äquator perfekt aber sonst am Limit.
Unser 260 l Wassertank und 15 l Kanister für Brauchwasser laden zwar nicht
zur Verschwendung ein aber bieten genügend Unabhängigkeit.
Kochen und Heizen mit Gasflaschen können wir empfehlen. Einfach
unkompliziert. Für die zwei 11l Gasflaschen finden sich immer wieder
Füllmöglichkeiten. Unverzichtbar ist auch unsere 27l Engel Kühlbox die wir als Tiefkühler
verwenden. Sie arbeitet zuverlässig und packt auch hohe Aussentemparaturen.
Genauso wie die SOG Entlüftung der Toilette. Biologisch und kostenfrei.
Zum Abschluss noch ein paar Fakten.
Reparaturen und Austausch vor der Reise:
Druckregler
Schraubenfedern
Blinker Relais
Bremszylinder und Bremsschläuche
Undichtigkeiten am Getriebe Ausgang hinten
70 Grad Tropen Kühler Thermostat
Reparaturen während der Reise bisher:
Luftpresser general überholt
Zwei Achs Simmeringe erneuert
Geplatzte 18 bar Druckluftleitung
Scheibenwischer Arm provisorisch fixiert
Was wir uns wünschen:
mehr Zuladung - Der Aufbau ist massiv aber schwer und wir sind auf Höchstgewicht
und somit am Beladungslimit – klar wäre ein Motorrad eine nette Sache aber das geht
sich bei diesem Leistungsgewicht nicht mehr aus.
Auch Fahrräder haben keinen Platz. Der hinten montierte Radträger würde der Rüttelei auf Dauer nicht standhalten. Sogar die Einstiegs Leiter die wir hinten montiert hatten mussten wir nach
vorne verlegen.
GfK Aufbau um Kältebrücken zu vermeiden
Platz für ein 2. Reserverad
Keinen Durchgang zur Fahrerkabine - das Unimog Fahrerhaus ist dafür viel zu klein und es schafft nur Probleme bei Undichtigkeiten.